Dienstag, 2. Februar 2021, 08:45 Uhr+1
Anerkennung IV
. — Kommen wir zum (zu meinem) Rückblick auf die Höhepunkte des Jahres (weil es grotesk wäre, noch etwas zu erwarten): Die Kollegin vom Theater, die mich (überraschenderweise) dieserart ansprach: Jörgenius.
Sonntag, 31. Januar 2021, 17:00 Uhr+1
Nostalgik
. — Der zweitbeste Kritiker wäre jener gewesen, der es fertiggebracht hätte, den Stargeiger so grimmig anzusehen, dass er sein Instrument ablegt und von der Bühne stiebt.
Samstag, 30. Januar 2021, 17:58 Uhr
Lost in Brain
. — Diese (unglaubliche) Enttäuschung, wenn man, auf dem Sofa liegend, zwei Einfälle hatte, aufstand, um sie zu notieren (notdürftig, ausreichend) – und dann merkt, dass man den zweiten vergessen hat und dass er sich weder finden noch rekonstruieren lässt. Dann schreibt man (trauernd, anklagend) solche Zeilen.
Samstag, 30. Januar 2021, 11:45 Uhr
Antipoditas
. — „Warum ich lebe? Vielleicht aus Trotz? Aus purem Trotz.“ –
Wolfgang Borchert, Die Hundeblume. Erzählungen aus unseren Tagen.
Freitag, 29. Januar 2021, 19:12 Uhr
Oberdumm
. — Eine Jungliberale im Vorstellungsgespräch: Ihre Stärke sei, ohne Wenn und Aber, das Authentizistische. Das mit dem Botox sei nur pyrolaktisch.
Freitag, 29. Januar 2021, 09:39 Uhr
Opportun
. — „Ich stehe morgens auf, und der Tag ist mein Freund.“ So soll sich Til Schweiger, las ich irgend
wo, im Januar 2007 zum Stern geäußert haben, und zwar zum Thema Optimismus. Was ich las, stillschweigend korrigierend: Opportunismus. – Wem das nicht genügt, Jean-Baptiste Poquelin, anno 1666: „Wer jedermans Freund sein will, ist der meine nicht.“
Freitag, 22. Januar 2021, 10:14 Uhr
Subversion II
. — Also fragte er jenen Moderator, welche Worte im Fernsehen verboten sind. – Und was mich maßlos ärgerte: Da beschließen die FFP2-Maskenpflicht, ohne an die Bitterarmen zu denken, die sich diese weder leisten noch sonstwie beschaffen können. Um das Soziale ist es in dieser Sozialen Marktwirtschaft sehr schlecht bestellt.
Freitag, 22. Januar 2021, 09:46 Uhr
Communication Breakdown II
. — Der nächste Freund, der den sog. sozialen Medien abschwor. Den dort grassierenden Wahnsinn möchte er keinen Tag länger in seinem Leben haben. Verständlich. Aber ich fürchte, dass es draußen nicht besser ist. Dieser Wahnsinn verhält sich wie die Flüssigkeit in kommunizieren
den Röhren.
Montag, 18. Januar 2021, 11:03 Uhr
Subversion
. — „Waldmann und die Witwe dort im Zimmer, Leser, das bleibt unter uns, wie immer.“ – Ror Wolf, Alles andre: ungewis
s.
Montag, 4. Januar 2021, 13:28 Uhr
Communication Breakdown
. — Titel eines Liedes von
Maustetytöt:
Soitin sulle kertoakseni en mitään, was
übersetzt bedeutet: Ich habe dich angerufen, um nichts zu sagen.
Montag, 28. Dezember 2020, 10:01 Uhr+1
Heiligenstadt
. — „Ihr Menschen, die ihr mich für feindselig, störrisch oder misanthropisch haltet oder erkläret, wie Unrecht tut ihr mir, ihr wisst nicht die geheime Ursache von dem, was euch so scheinet“, schrieb am 6. Oktober 1802, aus
Heiligenstadt bei Wien, an seine Brüder, Ludwig van Beethoven. „Bedenket nur, dass seit sechs Jahren ein heilloser Zustand mich befallen.“
Donnerstag, 10. Dezember 2020, 19:45 Uhr
En passant
. — „Du bist ein verflixt schlaues Kerlchen, auf diese Idee bin ich nicht gekommen“, gab die freundliche Kollegin zu Protokoll. – Hm, mögliche Antwort, nochmals Chandle
r: „Was Sie sehen, ist noch gar nichts. Ich habe ein tanzendes Bali-Mädchen auf dem rechten Schenkel tätowiert.“
Samstag, 5. Dezember 2020, 12:07 Uhr
Latenz
. — Schwermütige Sprachklauberei: Sie hatten ihn enttäuscht, ihm die Täuschung genommen. Oder ihn von der Täuschung befreit. Er war nicht dankbar, nicht undankbar.
Freitag, 4. Dezember 2020, 11:58 Uhr+1
Novelle
. — „Die Schönheit und Weisheit des Zölibats verstand ich zum ersten Mal, als Christa Chili-Schoten zwischen den Händen zerrieb, mich danach masturbierte und schließlich wünschte, dass ich sie, um es mit ihren Worten zu sagen, in den Arsch ficke.“ – Robert Menasse, Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust.
Dienstag, 1. Dezember 2020, 16:58 Uhr
Korrumpiert
. — „Wir wissen nicht, wie viele Menschen in diesem Massenzeitalter, in dem sich jeder auch dann noch fürchtet, ‚überflüssig‘ zu sein, wenn das Gespenst der Arbeitslosigkeit nicht umgeht, freudig jenen ‚Bevölkerungspolitikern‘ zustimmen würden, die unter diesem oder jenem ideologischen Vorwand in regelmäßigen Abständen die ‚Überflüssigen‘ ausmerzen. Wir wissen auch nicht, aber wir können es ahnen, wie viele Menschen sich in Erkenntnis ihrer wachsenden Unfähigkeit, die Last des Lebens unter modernen Verhältnissen zu tragen und zu ertragen, willig einem System unterwerfen würden, das ihnen mit der Selbstbestimmung auch die Verantwortung für das eigene Leben abnimmt.“ – Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge
totaler Herrschaft.
Samstag, 28. November 2020, 10:36 Uhr
Dialoge XXVII
. — „Würden Sie mir wieder Ihre Hand geben?“ – „Warum? Hat’s dir gefallen?“ – „Ja, hat es.“ — Burke und Crystal Beth. In: Andrew Vachss, Safe House.
Freitag, 27. November 2020, 10:31 Uhr
Anerkennung III
. —
Raymond Chand
ler: „Gäbe es genügend seinesgleichen, die Welt wäre ein Ort, so sicher, dass man darin leben könnte, und doch nicht so langweilig, dass es sich nicht mehr lohnte, darin zu leben.“
Sonntag, 22. November 2020, 12:17 Uhr
Defizitiarismus
. — „Die jungen Anfänger aber sollen wissen, dass wir nicht alle Idioten sind, und eine instrumentale Glanzleistung wohl unterscheiden können von der kompositorischen Armut, die sie verdecken soll.“ – Luigi Nono, Vortrag, 1. September 1959.
Sonntag, 1. November 2020, 10:49 Uhr
Extensivität
. — „Find someone who loves you the way you are. People always say that, but shouldn’t we be with someone who makes us a better version of ourselves?“ – Dr. Shaun Murphy. In: The Good Doctor, 3, 17.